Donnerstag, 12. September 2013

Tag 73 - 3. Chemo

Die dritte Chemo steht an.
Nach 10 Tagen wundervollen Urlaubstagen, wo wir gemütlich daheim rumgegammelt sind und ich sehr oft Runden durch den Wald gelaufen bin, muss ich wieder in das Spital.
Ich fahre alleine, ich kenne den Weg. Die letzte Strecke muss ich laufen, da die Straßenbahn wieder nur alle 15 Minuten fährt.
Baustellen in Wien. Jedes Jahr der gleiche Scheiss.

Ich komme kurz nach 8 Uhr an, die Frau, mit der ich mir schon das letzte Mal das Zimmer geteilt habe, sitzt schon auf den Stühlen vor der Tagesklinik.
Wir warten wortlos - an uns ziehen die frisch gebackenen Müttern mit ihren Babies vorbei. So gegensätzlich, dort die Neugeborenen, hier die Krebskranken.

Nach einer knappen Stunde Wartezeit werde ich aufgenommen. Ich bekomme das übliche Krankenhausbändchen um das Handgelenk, die Schwester fragt noch bei einem Oberarzt nach, warum ich trotz Taxotere noch eine Regelblutung habe und dann bekomme ich schon ein Bett zugewiesen.

Diesmal ein Dreibettzimmer, ich belege das Bett bei der Tür.
Dann krieg ich meinen Akt in die Hand gedrückt und marschiere schon rüber in die Onkologie.
Diesmal bin ich bei einer Ärztin - viele Fragen habe ich nicht. Ich sage ihr, dass mir immer sehr schlecht bei und nach der Chemo ist und dass das Kortison seinen Tribut fordert.
Es werden also zwei Infusionen Paspertin verordnet.

Zurück auf der Station ist mein Bett getauscht worden, ich liege nun in der Mitte, weil eine alte Frau inzwischen das Bett an der Tür braucht. Mir egal, wo ich liege. Ob bei Tür, Fenster oder Mitte, es spielt keine Rolle, alles ist gleich schlimm.

Die Psychologin kommt, wir reden eine Stunde miteinander, hauptsächlich über den Gentest, der mir Ende Oktober bevorsteht. Bei dem Termin wird sie dabei sein, weil das Ergebnis - auf das ich bis zu 6 Monaten warten muss - nicht unerheblich für mein weiteres Leben sein wird.

Die Infusionen kommen, werden am Chemoständer angehängt. Der Turnusarzt spült meinen Port und spritzt Zofran, das Übelkeitsmittel. Blöderweise spritzt er zu schnell und ich krieg eine schöne Beipackzettel-Nebenwirkung, Kribbeln und Hitzegefühl in Kopf und Unterleib.
Es ist schnell wieder vorüber, die Gesichter des Arztes und der Schwester sind unbezahlbar.

Die tatsächliche Chemo dauert dann bis in den späten Nachmittag hinein. Ich schreibe sms, und warte, dass die Zeit vergeht, mehr ist nicht drin. Mein Mann kommt, ich krieg die Paspertin-Infusion verpasst, die ewig braucht, aber nix nützt.
Mir ist schlecht. Einfach nur schlecht.

Das Abendessen besteht aus einem Frischkäse-Dings mit Gurken umwickelt.
Werd ich nie wieder essen, weil ich es jetzt mit der Übelkeit verbinde.

Ich smse meiner Mutter abends, dass mir schlecht ist - sie ruft an, sie ist traurig und ratlos, weil sie mir nicht helfen kann. Irgendwann schlafe ich ein, am morgen danach geht es mir immer am besten. Die zweite Paspertin-Infusion lehne ich mit den Worten "dauert nur lange
und bringt nix" ab. Die Schwester schaut nicht sonderlich glücklich darüber aus, zieht aber wieder ab.
Ich schüttle die vielen verlorenen Haarstoppel aus dem Polster.

Ich gehe unter die Dusche, esse eine halbe Semmel und dann ist auch schon mein Mann da - ich habe noch einen Termin in der Gyn-Abulanz wegen der blöden Zyste, die beim Staging an einem meiner Eierstöcke entdeckt wurde. Der Arzt dort macht einen Ultraschall, die Zyste ist noch da und nicht kleiner geworden. Ich kriege ein Rezept und einen Kontrolltermin, wenn die Zyste dann noch da ist, muss operiert werden.
Brustkrebsgen-Trägerinnen haben auch ein erhöhtes Eierstock-Risiko.

Wir fahren heim, ich bin wieder bei meinen Katzen.
Den Rest des Tages verbringe ich auf dem Sofa.

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