Freitag, 26. Juli 2013

Freitag, 5. Juli 2013

Tag 4 - Staging

Heute steht einiges auf dem Programm.
Um 14 Uhr habe ich den Termin für das Staging, es wird überprüft, ob der Krebs gestreut hat. Ich rechne mit dem Schlimmsten und bin dementsprechend nervös.

Wir sind 30 Minuten zu früh, ich komme aber trotzdem gleich dran.
Die Untersuchung dauert ca. 20 Minuten, gegen Ende bekomme ich noch ein Kontrastmittel gespritzt.

Ich kenne die CT-Untersuchung bereits von einer Erkrankung vor Jahren, es ist wenig aufregend, atmen und Luft anhalten nach Anweisung der Computerstimme. Ich zittere aber vor Angst, was unter den Röntgenstrahlen sichtbar werden könnte.

Wenig später stehe ich wieder auf der Straße, bis es mich plötzlich am Kopf, im Gesicht und Dekolletee zu jucken beginnt. Eine Jodallergie, das ist neu.
Aber auch der Krebs ist neu, irgendwann ist immer das erste Mal.

Jetzt kommt aber erst der richtig schwierige Teil des Tages: Ich muss es meinem besten Freund und kurz darauf meiner Mutter sagen.
Mein bester Freund kommt, wir gehen spazieren. Er nimmt es auf, wie er alles aufnimmt - ruhig und stark. Nach einer Stunde gehe ich nach Hause und habe wie erwartet einen Mitstreiter mehr.

Kurz danach kommt auch schon meine Mutter, gemeinsam mit meinem kleinen Bruder. Wir hatten die letzten Monate nur sporadisch Kontakt. Ich bin kein Familienmensch.
Meine Mutter nimmt mich sofort in den Arm, ich weine. Mein Bruder, vor dessen Reaktion ich so viel Angst hatte, bleibt ruhig.

Sie wissen es und sind gefasst damit umgegangen. Eine Last weniger.




Dienstag, 2. Juli 2013

Tag 1 – Besuch

Ich habe im Schock noch meinen Chef informiert und meine 2 besten Freunde und meine Familie per Mail um ein Treffen gebeten.

Meine Freundin kann sofort kommen, ich sehe kurz darauf, wie sie mit einem Leihsmart angetuckert kommt. Bei der Wohnungstür kann ich die Angst und Verwirrtheit in ihrem Gesicht lesen.
Mein Mann verabschiedet sich gleich, er will uns alleine lassen.
Ich kenne sie seit ungefähr 10 Jahren, seit über 7 Jahren ist es eine enge Freundschaft.
Ihre Mutter ist damals an einem Gehirntumor gestorben.

Es fällt mir daher wahrscheinlich noch schwerer, ihr die Diagnose zu sagen. Noch bei der Kaffeemaschine will sie wissen, was Sache ist und beantwortet es sich auch gleich selber. Ich kann nur mehr nicken, sie weint los und ich mit.

Oh Gott, ich will niemandem so weh tun.

Tag 1 - Diagnose

Ich kann nicht einmal behaupten, schlecht geschlafen zu haben.

Ich fahre gemeinsam mit meinem Mann zur Befundbesprechung der Biopsie.
Der Termin ist um 9, ich bin aufgrund des gestrigen Briefs schon sehr nervös, die Warterei nervt.
Trotzdem weiss ich nicht mehr, wann wir dann tatsächlich aufgerufen wurden.

Der Arzt hat meinen Befund in die Hand genommen, hat ewig lang draufgeschaut, hat mich angesehen und schließlich gesagt: “…Jetzt geht es um Ihr Leben, Frau xxx, das ist Krebs…”
Ich weiß nicht, wie ich beschreiben soll, was ich in dem Moment gespürt habe, ich habe mich wie in Watte gepackt gefühlt.
Verwirrt habe ich noch das Schreiben des Spitals aus meiner Tasche gezogen, wo “nur” von der Rede einer brusterhaltenden OP war.
Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass das Schreiben verschickt wurde, bevor der histologische Befund fertig war.

Der Arzt hat weiter gesprochen, er wollte einfühlsam sein. Ist bei mir genau das Falsche. Ich will Fakten hören, kein Gefühlsblabla.
Man kann ihm keinen Vorwurf machen, aber angekommen ist bei mir das: “Sie werden bald tot sein.”
Da der Krebs so gross war, so schnell gewachsen ist, ging er anscheinend schon von Metastasen aus.
Ich weiss nicht mehr so viel, was in dieser Besprechung noch alles passiert ist.

Ich hab Überweisungen für ein MRT und ein CT bekommen, das CT musste auswärts gemacht werden, weil sie mir keinen Termin geben konnten.
Ich hab Rescue-Tropfen bekommen und eine Psychologin ist kurz vorbei gekommen.

Das Hirn hat in solchen Fällen – in meinem Fall – eine sehr gut funktionierende Blockade, die klares Denken nicht zulässt. Sie schützt. Bei mir hat diese Blockade 6 Wochen gehalten, erst jetzt und auch nur langsam wird mir klar, was die Diagnose eigentlich heisst.

Schliesslich sind wir noch zu meiner Hausärztin gefahren, ich bin in ein Extrazimmer verfrachtet worden und sehr schnell drangekommen. Meine Ärztin war brutaler ehrlicher als der Arzt im Spital, wobei ich nicht mehr viel weiss, was gesagt worden ist. Mit Rezepten für Beruhigungstropfen und ein Benzo bin ich kurz danach in der Apotheke gestanden.

Was danach zu Hause war, weiss ich nicht mehr wirklich, mir ist beim Essen ein Zahn abgebrochen *wurscht*, ich hab meinen Chef informiert, dass ich lange ausfallen werd und ich hab meine Familie und meine engsten Freunde um ein Treffen gebeten.

Montag, 1. Juli 2013

Vorgeschichte

Eigentlich hätte alles gut sein können. Mit 33 passte endlich alles – eine beständige, wenn auch manchmal anstrengende Beziehung, eine schöne Wohnung, ein guter Job. Endlich war alles gut, die Jahre zuvor waren schwer, anstrengend, nervig.

Im Frühjahr bemerkte ich abends beim Duschen plötzlich einen Knoten in der linken Brust, aus heiterem Himmel war da plötzlich ein gar nicht kleines Etwas.
Mein erstes Gefühl war Panik, dann habe ich versucht mich nicht verrückt zu machen. Ich war gerade am 4. Tag meines Zyklus und nach etwas googeln war ich der Meinung, es wäre nur eine mastopathische Veränderung.

Am nächsten Tag der Versuch einen Frauenarzt-Termin zu ergattern, da meine Frauenärztin keine Ordination hatte. Bekommen hab ich keinen Termin, also am übernächsten Tag meine FÄ angerufen und auch noch am selben Tag einen Termin bekommen.

Ich weiß noch, dass sie sagte “Krebs wächst nicht so schnell”, ich war beruhigt und fuhr mit meiner Überweisung zur Sonographie nach Hause. Beim Sonographie-Termin hatte ich Bammel, die Ärztin beruhigte mich aber auch dort. Solche Veränderungen wären in meinem Alter gar nicht selten.
Weil der Knoten so groß war, wurde ich von meiner FÄ weiter an ein Brustzentrum überwiesen, auch dort: “Ich glaube nicht, dass Sie sich Sorgen machen müssen.”

Es wurde eine Mammographie gemacht. Danach wurde plötzlich eine Biopsie geplant. Bei der Biopsie war ich schon panisch.

Weinend wurde ich nach der Gewebsentnahme auf die Station gefahren, zuvor habe ich im Wartebereich die Klassifizierung “BIRADS 4″ gegoogelt: Eine suspekte/verdächtige Veränderung.

Eine Psychologin kam, das Mittagessen wurde gebracht, dann war auch schon mein Mann da – ich bin nach Hause gefahren und habe versucht, die Sache so weit wie möglich zu verdrängen.
Dann kam der Kurzbericht per Post, wo eine OP empfohlen wurde, brusterhaltend wenn möglich.

Am nächsten Tag die Biopsie-Besprechung.