Montag, 31. März 2014

Tag 273 - Poser





Auch eine Form von Glück: Wenn der Herr Bär sich wälzt.

Btw: 5 Minuten später hat er auf den Teppich gekotzt.

Donnerstag, 27. März 2014

Tag 269 - Leere

Seit Tagen spür ich sie, diese verdammte Leere.
Ich weiß nichts mit mir anzufangen und tapse in der Wohnung vor mich hin. Lustlos klicke ich mich durch die Onlineshops auf der Suche nach der perfekten Übergangsjacke, hüpfe von Seite zu Seite, aber es lässt sich nichts finden.
Baden hilft nicht, erstens darf ich es nicht wirklich (nur Sitzbad), zweitens halte ich es ohne Nebenbeschäftigung wie Surfen mit dem Tablet keine 10 Minuten in der Wanne aus.
Ich habe mehrere zu lesende Bücher herumliegen, keines davon reizt mich.
Von meiner Mutter hab ich "Der Healing Code" bekommen, hab mich durch 100 sehr amerikanische Seiten gequält und bin jetzt versucht, das Ding mit den Worten "So. ein. Scheiß" in's Altpapier zu schmeißen. Man mag von energetischer Heilung halten, was man will, aber dieses Blablabla ist für mich persönlich nichts.
So muss die Naschlade dann dran glauben, ich stopf mir den Mund, die Seele mit Schoko und Knabberzeugs zu.
Wenn das so weitergeht, kann ich mir Größe 38 bald aufzeichnen, dabei wollte ich doch eher abnehmen. Jetzt trink ich Fencheltee um meinen beleidigten Bauch zu besänftigen.

Der Spruch eines meiner Ex-Kollegen (in Richtung unseres damaligen Chefs ;)) kommt mir immer wieder in den Sinn: You're not bored you are boring.
Zu sagen hab ich in der Tat nicht viel, im Job komm ich mir oft erschreckend unprofessionell vor, der Schreck ist immer aber nur von kurzer Dauer. Niemand verlangt viel von mir.
Seit ich ein Kind war, quälen mich diese Langeweile-Attacken. Normalerweise bin ich mir selbst genug. Aber dann interessiert mich nichts und niemand wirklich. Ich fühl mich wie eingesperrt in meiner Situation, in meiner Umgebung, in mir. Ich kann mich nicht entspannen, es ist ein einziger Knoten in mir.
Abwarten, bis es vorbei geht und Tee trinken.

Mittwoch, 26. März 2014

Tag 268 - Unschlüssigkeiten

Mal wieder Haar-Fotos, mittlerweile finde ich meine Frisur ja ganz witzig.


Ich laufe auch schon überall ohne Mütze herum, manche schauen noch komisch, aber es ist mir sowas von wurscht.

Zu Freitag und der 12. Herceptin-Gabe:
Diesmal war alles easy, ich bin direkt von der Bestrahlung von einem Ende zum anderen Ende der Stadt gefahren, vom Süden in den Westen. Kurz vor 9 dort angekommen und auch gleich aufgenommen worden und der Breast Nurse mein Leid geklagt. Die hat mir dann gesagt, dass die Apotheke nicht bei der Lieferung geschlampt hat, sondern dass die Abläufe umgestellt wurden. Die Apotheke liefert nur mehr zweimal am Tag, wenn die Chemo nicht bis 10:30 vom Onkologen freigegeben wird, hab ich Pech und darf bis 16:30 auf die zweite Lieferung warten.
Da ich das letzte Mal zuerst beim Herzecho war, bin ich (zu) spät zum Onkologen gekommen und habe daher über 4 Stunden auf die verf*ckte Infusion gewartet.
Erklärt worden ist mir das das letzte Mal natürlich anders, aber Schuld haben ja auch immer die anderen.
Wie auch immer, ich werde jetzt als Tagesklinik-Patient vorrangig behandelt, damit ich vor 10:30 beim Onkologen fertig bin. Auf meine schriftliche Beschwerde wurde natürlich noch immer nicht reagiert, darum werde ich mich nächste Woche kümmern.

Diesmal waren die stationär aufgenommenen Patientinnen im Chemozimmer wesentlich jünger, zwei Frauen Anfang/Mitte 40, für die eine war es die 30.-40. Chemo, ihr fehlte eine Brust.
Die zweite vor ihrer ersten Chemo, noch mit Haaren am Kopf und voller Unsicherheit und Angst.
Ich hätte ihr so gern etwas tröstliches gesagt, aber diese blöde Introvertiertheit lässt mich meinen Mund nicht aufmachen.
Beide mit befallenen Lymphknoten.
Bei solchen Begegnungen kommt mir immer wieder in den Sinn, welch Glück ich eigentlich habe.
Zwar war ich erst 33 bei der Diagnose und das Ding war schon sehr groß, aber da hat nix gestreut, alles andere war sauber.
Meine Mutter meint, der Krebs wollte Aufmerksamkeit, er wollte entdeckt werden. Ein Warnschuss quasi.

Nur: Was will mir der Krebs sagen?
"Hallo, ich weiß, du bist viel zu jung, aber ich wachs da mal flott vor mich hin, ruinier dir beinahe die linke Brust und nebenbei auch dein Leben, zeig dir dabei aber, wer dich wirklich liebt, wie viel du den Menschen wert bist. Ich bring dich dabei an deine Grenzen, zeig dir aber auch, wie stark du wirklich bist und bin dann wieder weg."
Ist das die Botschaft? Hat der Krebs einen Sinn?
Ich weiß es nicht, bin mir aber sicher, dass mich diese Frage mein Leben lang begleiten wird. Wenn nicht sogar verfolgt.

Jedenfalls war ich um 14 Uhr wieder fertig im Krankenhaus und bin dann bei schönstem Wetter nach Hause gefahren und hab mich zu meinem Kater auf's Sofa gesetzt. Allerdings kamen dann bald die Nebenwirkungen von Herceptin und mir wurde kalt und schlecht und ich hab Kopfweh bekommen.
Idiotischerweise musste ich dabei einen Blog von jemandem lesen, der mit Anfang 30 an einem Glioblastom gestorben ist.
Ich weiß nicht, wozu ich den Finger noch in die Wunde legen musste, aber fertig von der Infusion habe ich Seite um Seite gelesen und immer mehr in das Fell meines Katers geweint.
Am nächsten Tag war der Spuk wieder vorüber.

Sonst tut sich nicht viel. Jeden Tag Bestrahlung, danach arbeiten.
Mit April bin ich wieder Vollzeit-Angestellte. Aktuell hadere ich immer wieder mit meinem Job, ich seh wenig Sinn darin und schau mir zum hundersten Mal die Seite der Uni an, an der ich endlich meinen BSc in Engineering machen könnte.
Ich bin sehr unschlüssig. Was soll aus mir werden? Was will ich machen? Kommt da  noch was?

Normale Menschen machen normale Dinge.
Ich hab wie immer eine Helga Nase-Spezialausführung.
Das strengt an.

Donnerstag, 20. März 2014

Tag 262 - Routine

Es ist hier ein wenig still geworden.
Viel tut sich auch nicht. Die Routine kehrt allmählich wieder ein.
Ich steh jeden Tag, außer am Wochenende, um 07:20 auf der Matte des Linearbeschleunigers, lass mich bzw. meine Brust beschießen und geh dann wieder meiner Wege.
Die Tage in der Arbeit sind bis Ende März noch kurze, ab dann bin ich wieder Vollzeit angestellt, meine Begeisterung darüber hält sich zwar in Grenzen, aber es ist eben Teil der Normalität.
Ich kann mich wieder um andere Dinge neben der Krankheit und der Behandlung kümmern.
Routine.

Momentan bin ich auch psychisch relativ stabil. Klar tu ich mir furchtbar leid, aber es ist nicht dieses allumfassende, nichts anderes zulassende Gefühl, sondern es gibt mir punktuell Stiche. Stiche, die ein, zwei Tränen provozieren.
Geh ich auf dem Gelände des Krankenhauses zum Radiologie-Pavillon, dann sticht es.
Sitze ich beim Essen mit meiner besten Freundin, dann sticht es, dann tropfen die Tränen auf beiden Seiten. Allerdings ist das Lokal schwach beleuchtet und es bemerkt keiner.

Morgen steht wieder die Herceptin-Infusion an.
Wie erinnern uns?
Mir graut schon davor, der Träger des Krankenhauses hat natürlich nicht auf meine Beschwerde per Email reagiert, aber da werd ich noch nachwassern.
Und morgen dort denen ordentlich auf die Nerven gehen.
Man wünsche mir Glück.

Sonntag, 16. März 2014

Mittwoch, 12. März 2014

Tag 254 - Verarbeitung

"Sie sind jetzt in der Verarbeitsphase" sagt die ulkige Radiologie-OÄ und dann noch
"dadurch dass Sie jeden Tag kommen, arbeitet es noch mehr." und damit meint sie nicht das bestrahlte Gewebe.

Denen entgeht nichts.
DIBH!!! steht auf einem der Bildschirme. Auf meine Frage, was das heißt, sagt mit gestern der RT:
Deep-inspiration-breath-hold, 
das macht man vor allem bei linksseitigem Mammakarzinom zur Reduktion der Strahlenbelastung am Herzen. Also einatmen und ausatmen und tief atmen und Luft anhalten.
Dabei sehen sie, dass ich hyperventiliere. 

Hätte mir jemand vor der Strahlentherapie gesagt, dass ich so auf die tägliche Konfrontation reagiere, hätte ich es ihm nicht geglaubt.
Kaum bin ich auf der Liege fängt es in meinem Kopf zu schreien an: "Nein, nein, nein. Das kann nicht sein. Warum hab ich Krebs bekommen, warum?"

Tja.

Ist es jetzt an der Zeit, die Psychologin, die ich mir noch während der Chemo rausgesucht habe, anzurufen? Die laut ihrer Homepage selbst Krebs hatte? 
Die im Krankenhaus war zwar auch nicht schlecht, aber nach dem Desaster will ich dort nur mehr hin, wenn es sich überhaupt nicht mehr vermeiden lässt.

Ich hab das Gefühl, ich schlittere in eine Belastungsstörung, die sich gewaschen hat.
Dabei will ich doch nur meine Ruhe haben. 

Doch ausgerechnet beim Wäsche zusammenlegen erwacht wieder der alte Kampfgeist. Weiter im Text. Ich bin ein Löwenkind.

Krebs nervt.

Dienstag, 11. März 2014

Tag 253 - Eigentlich

Auch in der Arbeitswelt von Frau Nase ist nicht immer alles nur eitel Wonne.

Da ich am Wochenende aus Schlafmangel zunehmends neben mir stand, habe ich gestern Früh beschlossen zu Hause zu bleiben. 

Körperlich ging es mir schnell wieder besser, aber seelisch... Reden wir besser nicht darüber.
Die Bestrahlungstermine machen die Angelegenheit nicht eben besser.

Die Vorzimmerdamen, die mich seit der Diagnose mit einer Einfühlsamkeit behandeln, die mich jedes Mal zu Tränen rührt, gaben mir die Krankmeldung mit den Worten "Nehmen Sie sich so viel Zeit wie Sie brauchen".

Ich hatte ohnehin nicht vor, länger als ein paar Tage zu Hause zu bleiben, auch wenn es herrlich ist, den Herren Katzen beim Entspannen zuzusehen:



Blöderweise wurde die vermeintliche Idylle dadurch gestört, dass sie in der Firma unbedingt wissen müssen, wann ich denn wiederkommen würde, weil ja das Go Live von Projekt X vor der Tür stände, pppffffffttt.
Ja eh.
Eigentlich eh ok.
Eigentlich.

Uneigentlich fühle ich mich gestört. 
Eigentlich will ich gerade auch gestreift und/oder gepunktet sein, einen doofen Namen tragen und ein Kater sein.

Freitag, 7. März 2014

Tag 249 - Bestrahlung

Die erste Bestrahlung.
An und für sich nicht sehr spektakulär, zuerst kam eine RTA, die mit mir noch einige Dinge durchging.
Die OÄ stieß dazu und dann ging’s schon los, ich wurde auf den Tisch gelegt, zurechtgerückt und bestrahlt.
Gespürt hab ich  - wie erwartet – gar nichts.

Es war viel mehr die psychische Komponente, als der "Arm" des Linearbeschleunigers um mich herumgefahren ist, ist mir wieder einmal sehr bewusst geworden, warum ich hier bin.
Was mir passiert ist.
Dann fängt es an mich zu reißen. Ich will nicht weinen und kann's irgendwie unterdrücken. Aber gut geht's mir danach nicht, ich bin erschöpft und will mich nur mehr in meinem Bett verkriechen.
Ich höre der Pflegekraft zwar zu, die mich aufklärt, wie man die bestrahlte Stelle pflegt (bzw. nicht pflegt), aber eigentlich will ich hier nur raus.


Der Punkt ist, ich bin eine introvertierte Person. Immer schon gewesen.
An solchen Tagen will ich mich meiner Umwelt aber noch weniger als sonst mitteilen.
Ich will nicht reden. Ich will nicht mit meiner besten Freundin reden, nicht mit meiner Mutter und auch nicht mit meinem Mann. Das letztere ist selbst für mich ungewöhnlich.
Der Herr neben mir hat selbst viel Gesundheitliches durchgemacht und weiß, wie es ist, lange Zeit sehr bedient zu sein.
Aber ich will nicht darüber sprechen.

Zum wiederholten Mal frage ich mich, ob mir nicht gerade alles zu viel wird. Ich schlafe zu wenig, weil ich sehr früh aufwache. 
Ich habe die Bestrahlungstermine jetzt in den frühen Morgen gelegt, weil es sich sonst hinten und vorn mit der Arbeit nicht ausgeht - selbst mit der 30h-Verpflichtung. 
Mute ich mir zu viel zu? Ich bin mir nicht sicher. Würde ich ordentlich schlafen können, wär's wahrscheinlich nicht so ein Problem.
Heute bin ich wie ferngesteuert in die Arbeit gegangen. 
Ja, ich mag meinen Job und es ist und war mir sehr wichtig, ihn zu behalten und weiterzuführen, gerade stoße ich aber an meine Grenzen.

Ich würde so gern mal was Schönes schreiben.

Montag, 3. März 2014

Tag 245 - Nachwehen

Hm, da sitz ich nun.
Ich habe 3 Nächte über den Herceptin-Freitag schlafen müssen, heute in der Arbeit konnte ich dann wieder lachen. Dafür ist die Arbeit wirklich gut, die perfekte Ablenkung.

Dabei hat am Freitag alles so gut angefangen, zur Abwechslung habe ich in der Früh nicht getrödelt und bin daher um 8:50 im Krankenhaus angekommen. Es war noch eine Dame vor mir zur Aufnahme, also hab ich ein bißchen gewartet. Nach der Aufnahme war der Vertretungsschwester offensichtlich nicht klar, in welches Zimmer ich mich setzen soll, aber egal.
Rüber zum Herzecho, auch hier sind klarerweise andere Menschen da - also wieder gewartet, aber alles im erträglichen Rahmen.
Laut Kardiologen habe ich im Übrigen ein in Größe und Funktion normales Herz - er meinte, dass Radiologen halt nix Bewegliches mögen :-D Aber ich bin jetzt schon gespannt, was die Radiologen dazu sagen werden.
Erleichtert war ich schon, auch wenn ich mir nicht wirklich Sorgen gemacht habe.

Dann rüber in die Onkologie, 1,5 Stunden habe ich für ein 10-Minuten-Gespräch gewartet. Auch noch irgendwie vertretbar. Ich bin nicht die einzige Patientin.

Danach wieder rauf auf die Station, es ist kurz nach 12 Uhr.
Das Mittagessen wird gebracht (mir nicht, ich lehne seit der Chemo das Futter dort ab), ich setze mich mit meinem Buch in den Chemostuhl. Gegen 15 Uhr geh ich mal nachfragen, wo die Infusion bleibt, die Schwester erklärt mir wortreich, dass die Apotheke noch nicht geliefert hat, aber dass sie dran sind. Es ist laut ihr nicht das erste Mal, dass sie lang auf die Lieferung warten müssen.

Um 16:30 reißt mir der Geduldsfaden, ich fange eine Ärztin nebst Schwester ab und frage sie noch höflich, aber sicher nicht mehr freundlich, was sie zu tun gedenken.
Als Antwort bekomme ich, dass sie nichts tun können.

Um 16:50 wird das Herceptin an meinen Port angehängt, 90 Minuten dauert die Infusion, aber wenigstens krieg ich jetzt quasi eine "Sonderbehandlung", nachdem die Infusion fertig ist, werde ich sofort abgehängt, die Nadel gezogen und mir die Entlassungspapiere übergeben.
Ich bin schon deutlich reduziert und muss, nachdem ich um 18:35 das Krankenhaus verlassen habe, mit dem Taxi nach Hause fahren, weil ich die Fahrt mit den Öffis nicht mehr gepackt hätte.

Zuhause angekommen mag ich gar nichts mehr sagen und heule die ersten 10 Minuten nur.
Nicht nur, dass ich das Gefühl habe, man raubt mir meine Lebenszeit, ich fühle mich auch gedemütigt, nicht ernst genommen.
Ich bin abhängig.

Ich habe die letzten Tage ernsthaft überlegt, die Herceptin-Therapie abzubrechen.
Da mir aber klar ist, dass dadurch die Rückfallgefahr erhöht wird, werde ich nun mit dem Träger des Krankenhauses diskutieren, wie die Behandlung in Zukunft ablaufen wird.
Man mag mich für empfindlich halten, aber das will ich kein zweites Mal erleben.