Montag, 2. Mai 2016

Tag 1036 - Abschied von Perdita

Am Samstag wollten wir eigentlich Pizza essen gehen.
Da Herr Hase aber einen seiner Leisure Sickness-Anfälle hatte, sind wir zu Hause geblieben und wollten einen ruhigen Fernsehabend machen.
Es war mir ganz recht, den Tag über hab ich minütlich aufs Handy geschaut.
Perdita ging es sehr schlecht, es war klar, dass sie nicht mehr lange bei uns sein würde.
Schließlich kam die Todesnachricht.

Obwohl ich es gewusst, schließlich auch herbeigesehnt hatte, hat mich die Nachricht ihres Ablebens umgehauen.

Als sie in mein Leben trat, war ich selbst noch in einer sehr unsicheren Phase.
Die Behandlung noch nicht hinter mir, kahl und voller Angst, in dieser Zeit hat sie mir ihren ersten Kommentar hinterlassen.
Ich hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt nicht getraut, Blogs von anderen Brustkrebs-Betroffenen zu lesen, zu groß war das Grauen, wie es kommen könnte.
Ich wollte hoffen und nicht wissen, was mir noch alles widerfahren kann.

Perditas Wesen, ihr Sprachgefühl hat mich wohl seit dem Zeitpunkt, als sie auf meinem Blog aufgetaucht ist, fasziniert.
Scheinbar nicht nur mich.
Sie hat mir viel geholfen, sie wusste, wie es mir vor Untersuchungen und Kontrollen geht, mit welchen Dämonen ich zu kämpfen habe, welche Ängste ich habe. Ich habe hier in Ö natürlich auch BK-Patientinnen kennen gelernt, aber wie so oft keinen Draht zu jemandem gefunden.
Sie war mein Krebsbuddy.

Als Perdita dann mit der Schweizerin in Wien war, haben wir uns das erste Mal gesehen, es folgten meine Besuche in Deutschland. Wir haben uns oft geschrieben, viele Gemeinsamkeiten festgestellt und schließlich auch unsere Unterschiede entdeckt.
Ich bin stolz, dass sie mich als Freundin akzeptiert hat.
Freundschaft zu schließen ist in unserem Alter auch keine Angelegenheit mehr, die häufig vorkommt.

Ich ertappe mich selbst in der Nacht als ich dafür bete, dass sie keine Angst und keine Schmerzen haben musste.
Aber es ist nur ein Mantra um mich zu beruhigen, an den Gott meiner Kindheit habe ich wohl nie geglaubt. Mein eigener Krebs hat mich zum Atheisten gemacht.

Ich werde sie vermissen. Mir werden ihre Blogeinträge fehlen. Ich werde die Freundin, die zwar in der Ferne war, aber mir trotzdem so nah, furchtbar vermissen.
Ich bin dankbar für unsere gemeinsame Zeit, auch wenn sie viel zu kurz war.



Wie es hier weitergeht? Ich habe keine Ahnung.

5 Kommentare:

  1. Liebe Helga, ich habe jeden Post hier zu Perdita gelesen, aber irgendwie fehlten mir die Worte :( Es fällt mir immer schwer, diese Empfindungen in Worte zu fassen.
    Perditas Blog habe ich vor 1 - 2 Jahren etwa mal gelesen, aber nicht "verfolgt". Damals war ich einfach auch sicher, sie wäre auf einem guten Weg, alles würde gut werden. Dass es jetzt doch so ganz anders gekommen ist, hat mich wirklich betroffen gemacht. Dazu muss man jemanden auch nicht gekannt haben.
    Man sagt, am schwierigsten ist es für die, die zurückbleiben, weil sie den Schmerz tragen müssen, jeden Tag.
    Aber wenn ich ein schönes Lied höre, dann denke ich manchmal... Nie wieder Musik hören können? Nie wieder lachen können? Nie wieder Menschen betrachten, die man liebt?
    Ja, das Sterben gehört zum Leben dazu. Aber warum denn immer so früh? Ich wünschte, wir hätten alle noch viel, viel mehr Zeit zum Genießen.

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  2. Liebe Helga,
    ich kann sehr gut nachvollziehen, was Du empfindest. Wie traurig musst Du erst sein, wenn ich schon traurig bin.

    Genau dieses spezielle Sprachgefühl, von dem Du schreibst, hat mich sofort gefangen genommen, als ich zufällig auf ihren Blog stieß, noch lange vor der Erkrankung. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen, und ich bin ihr lange kommentarlos, aber treu gefolgt, bevor ich mich zum ersten Mal äußerte. Ich kannte sie nicht persönlich, aber ich hatte das Gefühl, sie zu kennen. Sie war so unglaublich tapfer, hat sich nie in Gefühlsduseleien verloren - ich glaube, das habe ich am meisten an ihr geschätzt.
    Und ich habe nie die (irrationale) Hoffnung aufgegeben, dass sie es schafft, weil sie immer voller Lebensfreude war.

    Dir alles Gute für diese schwere Zeit
    Ricci

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  3. Ich bin absolut nicht betroffen vom Krebs, dafür kann ich nur dankbar sein. Dennoch habe ich ihr Blog verfolgt, weil ich ihre Art, mit ihrer Situation umzugehen, einfach nur mutig fand. Jetzt bin ich sehr traurig, dass es so gekommen ist.

    Sie allen, die sie kannten, sehr fehlen.

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  4. Ach, Perdita ... Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass so ein aussergewöhnlicher, kluger und wunderbarer Mensch so früh gehen musste. Ich habe sie bewundert für ihre Stärke, ihren Optimismus und für ihren Schreibstil und auch wenn es absehbar war,dass es kein Happyend geben würde und es zuletzt immer schwerer zu ertragen war, was sie alles durchmachen musste, hat mich ihr Tod doch sehr erschüttert. Perdita hat mich in all den Jahren immer wieder tief beeindruckt und ich werde sie vermissen. Ich wünsche ihrer Familie und ihren Freunden und vor allem auch Ihnen, liebe Helga, viel Kraft.

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  5. Liebe Helga, ich wünsche Dir alles erdenklich Gute in dieser schweren Zeit. Auch wenn ich Perdita nicht kannte, kann ich dich sehr gut verstehen. Ich bin in Gedanken bei Dir und Perdita.

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