Samstag, 25. Januar 2014

Tag 208 - Krebsbuddys

Als mir Anfang Juli 2013 die Diagnose Brustkrebs um die Ohren geknallt wurde, bin ich in den ersten Wochen in eine Art Dämmerschlaf gefallen.
Kein Herumstöbern in Foren, kein Googlen nach Behandlungsarten, kein Lesen von schlauen Büchern, nein, ich war in Schockstarre, die ersten 6 Wochen war ich weggetreten und habe meine Umwelt nur am Rande mitbekommen.

Bei der ersten Chemo war ich noch sehr eingeschüchtert, ich hatte keine Ahnung vom Ablauf, ich wußte nur, dass ich einen Port implantiert bekomme und dass dort dann die Infusionen reinkommen.
Ich weiß heute nicht mal mehr genau, wer noch an diesem Tag in meinem Krankenhauszimmer gelegen ist.

Nachdem der erste Schock verdaut war, habe ich mich nach anderen Patientinnen umgesehen. Bei der zweiten Chemo war ich mit einer Frau im selben Zimmer, die zwar nur ein paar Jahre älter war, dafür aber kaum Deutsch gesprochen hat.
Fehlanzeige, kein Austausch möglich.

Bei der vierten Chemo war kurz eine sehr junge Frau da, die ich schon bei meiner Biopsie gesehen habe. Sie war aber schnell wieder weg, da ihre Werte an diesem Tag keine Chemo erlaubt haben.
Die restlichen Patientinnen waren alle 50+.
Alle um einiges älter als ich.
Ich hatte das Gefühl, völlig falsch zu sein.
Krebs ist schlimm genug, aber Krebs in den frühen 30ern bekommen? Was ist mit mir so verkehrt, warum kann ich nicht gesund sein wie alle anderen auch?
Warum bin ich die, die statt Häuser zu bauen und Kinder zu kriegen Brustkrebs bekommt?

Laut der Statistik Austria erkranken in Österreich jedes Jahr ca. 38.000 Menschen an Krebs, davon  5.434 an Brustkrebs (Stand 2011).
Ich war also eine von denen, eine von den Jungen. Wo sind die anderen?

Ich weiß nicht, ob es mir etwas gebracht hätte, wenn da jemand gewesen wäre, der den gleichen Weg gehen muss, jemand in meinem Alter, jemand, der die gleiche Scheiße durchmacht.
Die Behandlung, die Krankheit stellt so einen Ausnahmezustand dar, dass ich kaum nach links oder rechts geschaut habe, es ging darum, dass ich es überstehe.
Trotzdem habe ich mich damals immer wieder einsam gefühlt, auch heute fühle ich mich oft alleine. Ich will nicht nur mit gesunden Menschen über die Krankheit sprechen, ich will mit jemanden reden, der weiß, wie es ist, krank zu sein.
Der Krebs-Klub ist alles andere als elitär und ich wünsche niemandem dort aufgenommen zu werden, aber trotzdem sehne ich mich manchmal nach Krebsbuddys.

Auch wenn der Krebs weg ist, ich stehe nicht mehr auf der selben Seite wie die Gesunden.
Meine Behandlung ist noch lange nicht abgeschlossen, dennoch kehrt die Normalität langsam zurück, aber so wie früher wird es nie wieder sein. Ich glaube nicht, dass ein so einschneidendes Erlebnis wie Krebs jemals vergessen werden kann.

Im Februar beginnen die Bestrahlungen, die ich in einem Bestrahlungszentrum in einer anderen Ecke der Stadt mache, vielleicht gibt es dort jemanden für mich.

Verständlich?



9 Kommentare:

  1. Hallo Helga, ich fühle genau, was du beschreibst. Während der Chemo war eda von dubesiegstmichnicht.blogspot.de mein erster und einziger Krebsbuddy. Und ich hatte einen unglaublichen Onkologen, ohne den ich das nicht durchgestanden hätte- mein" bester Kumpel." Die ersten wirklichen Krebs- Digger lernte ich während der Reha nach den Bestrahlungen kennen. Ich weiß nicht, wie das in Österreich aussieht, ob nach der Radiatio auch eine Reha vorgesehen ist. In Deutschland wird man von den Krankenversicherungen dazu angehalten und kommt beinahe nicht drum herum.
    Bloggen und sich schriftlich austauschen fand ich wichtig. Das ist aber nichts im Vergleich dazu, sich gegenseitig an jedem mm Haupthaar zu erfreuen und über hässliche BH`s zu lachen. Ich wünsche Dir von Herzen so jemanden, mit dem das möglich ist! Liebe Grüße und danke für die Blogroll- ich forste mich nach Deinem jetzt durch die englischsprachigen Blogs! Grüße, Perdita

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    1. Hallo Perdita, mit der Reha - die hier Kur heißt - ist es in Österreich so eine Sache. Zahlen würde es die (staatliche) Krankenkasse schon, nur müsste ich mich selbst darum bemühen. Sonst tut sie nichts, außer meine Krankenstände verwalten und ggf bezahlen.
      Ich habe mir nun selbst eine Reha verordnet, zum einen in einem Frauengesundheitscenter, zum anderen einen Wellness-Urlaub in einer Therme gemeinsam mit meinem Mann.
      Der Gedanke, 3 Wochen irgendwie im Burgenland mit 60jährigen rumzusitzen, macht mir ehrlich gesagt eher Angst als sonst was.
      Ich habe oft nach passenden Blogs gesucht ohne deutschsprachige zu finden, die mich weiterbringen, daher Danke an dich zurück. Ich denk, ich hab jetzt einiges zu lesen. Liebe Grüße aus Wien, Helga

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  2. Falls Du noch nicht kennst: dreamsandme.wordpress.com. Sunny ist auch Österreicherin und blogt über ihre Brustkrebserkrankung. Und informiert auch über neueste Artikel im Ärzteblatt und einige Studien ohne zu bewerten. Da bin ich schon auf einiges Interessantes gestoßen. Schönen Restsonntag noch!

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    1. Nein, den Blog kannte ich tatsächlich noch nicht, vielen Dank für den Hinweis! Schönen Abend noch.

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  3. Verständlich.
    Ich habe mit 38 die "Verdachtsdiagnose" Lungenkrebs gestellt bekommen und das am 6.12.99. Sie hat sich zum Glück nicht bestätigt. Ich habe ein Fraue Mitte Vierzig und meine Mutter durch die Chemo und Bestrahlung begleitet und trotzdem kann ich nicht 'mitreden'. Gelegentlich komme ich mir auch komisch vor mit meinem Satz: Keep going and keep it high, aber er hat mich bisher immer durch dunkle Stunden gebracht. Was ich bisher bei Dir habe lesen können sprüht nur so vor Lebenslust und das ist das Pfund mit dem Du wuchern kannst und sollst. Ich gehe mal stark davon aus, das Du keinen "Krebsbuddy" finden wirst, aber Du wirst ein verdammt guter "Buddy" in allen Lebenslagen abgeben.
    Ich verneige mich.

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    1. Ach, Hans, danke für deine Worte. Du hast mir damit ziemlich viel Kraft geschickt.

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  4. Liebe Helga Nase,

    nun schaffe ich es auch endlich hier liebe Grüße loszuwerden. Hab schon vor ein paar Tagen in deinem Blog gelesen und werde dich anschließend auch gleich bei mir verlinken!

    Wie du ja (danke an Perdita, dass sie an mich gedacht hat) schon weißt, komme ich auch aus Österreich. Also falls du Fragen hast zu Kur, Reha, Ärzten etc...vielleicht kann ich dir weiterhelfen. Ansonsten werden wir sicher voneinander lesen, was mich freut! Was mich nicht freut ist, dass du dich mit diesem Mist rumschlagen musst. Alles Gute, sei gedrückt! Sunny

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  5. Jetzt hab ich grad einen Kommentar hinterlassen wollen, weiß nun nicht..ist der angekommen!? "Beweisen Sie, dass Sie kein Robot sind."...tjo...gg

    Okay, dann zur Sicherheit nochmal! Ich verlinke dich, liebe Helga Nase, anschließend bei mir. Danke an Perdita, die mich hier schon vorgestellt hat. Ich komme auch aus Österreich! :) Toller Blog, wir lesen sicher wieder voneinander! Herzlichen Drücker!

    Liebe Grüße,
    Sunny

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    1. Hallo Sunny, Deine Kommentare sind angekommen :) Es freut mich sehr, dass Du den Weg in meinen Blog gefunden hast!
      Liebe Grüße und wir lesen voneinander!

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