Die Nacht war ruhig, das Mädi hat tief und fest
geschlafen. Ich stehe als erste auf, gebe dem unnötigen Kater sein Leckerli,
fummle nach Sichtung von YouTube-Videos die Brühgruppe in die Espressomaschine
und frühstücke in Ruhe. Bald höre ich aber das Mädi, mache ihr Flascherl und
gehe damit ins Schlafzimmer.
Sie wirkt wie immer, hat auch keine Beule oder blaue Flecken und klagt auch nicht über ein Aua. Eine Leserin schrieb mir, dass Perdita als
Schutzengel über das Mädi und mich wacht. Ich weiß nicht, was ich davon halten
soll, aber irgendwie ist der Gedanke tröstlich. Bis neun werkeln wir herum, das
Mädi frühstückt mit Herrn Hase, ich ziehe mich um, küsse beide zum Abschied und
gehe zum BBP. Dreimal die Woche Sport, ich bin so toll….
Die Stunde hat es aber in sich, der Scheißboden
ist in diesem Turnsaal so glatt, dass ich dauernd wegrutsche, die schreiben
hier wohl gern Unfallberichte. Die Trainerin ist jung und muskulös, ich bin
beintechnisch nicht so toll unterwegs und kann nicht alle Übungen so mitmachen
wie ich wollte. Da kann ich aber nicht einmal dem Krebs oder der Chemo die
Schuld geben, sondern das ist zum einen Veranlagung und zum anderen zu wenig
Training. Ich bin der Typ „ich muss das Mammut erschlagen, weil ich keine
Ausdauer beim Wegrennen hab“. Kraft habe ich, auch zum Sprinten, aber Ausdauer,
nein, da fragen Sie lieber meine Mutter, die rennt Ihnen mit knappen 60 aus dem
Stand einfach so einige Kilometer.
Nach Hause gekrochen, das Mädi und Herr Hase
sind zu Besuch bei der Oma, ich habe Zeit ein, zwei Käsebrote zu essen und zu
duschen. Während ich im Bad bin, kommen die beiden heim und das Mädi beobachtet
mich interessiert beim Eincremen. Momentan sind Geschlechtsorgane sehr
interessant für sie.
Mittagsruhe, nicht gebügelt.
Am Nachmittag das Mädi in einen Schneeanzug
gepackt und rausgegangen. Sie rennt in der Gegend herum, will alles anschauen
und sich auch tragen lassen. Es ist heute noch kalt, nach über einer Stunde
sind wieder zu Hause und trinken Tee. Abendessen, danach das Mädi baden. Sie
liebt es, das Wasser aufzudrehen, auch bis zum Anschlag, der Duschkopf dreht
sich munter und es regnet im Badezimmer. Aber man kann ja nicht oft genug
wischen. Mein T-Shirt hänge ich gleich zum Trocknen über den Heizkörper.
Eincremen und Föhnen ist mit dem kleinen düsigen Ding wie immer eine
Herausforderung. Sie scheint sich an den Sturz von gestern nicht mehr zu erinnern,
wir beobachten keine Besonderheiten. Herr Hase schaut noch Bücher mit ihr an,
ich bereite den morgigen Tag vor.
Als der Papa sie hinlegt, gehe ich bügeln,
nebenbei schaue ich eine Doku über Karl Lagerfeld, der war schon eine Nummer.
Als ich im Bett liege, fängt mein rechtes Ohr
zu klopfen an, holla, Stress, woher kommst du denn? Ok, ich hab da schon ein
Gefühl. Ich würde so gern Ablage, Fenster putzen, Küche einmal durchputzen,
Böden wischen etc. machen, aber es geht sich alles nicht wirklich aus neben dem
Mädi. Selbst beim Saugen steht sie immer da, schaltet den Staubsauger aus und
ein, zerrt am Kabel und will mitmachen.
Die nächste Woche wird auch logistisch
interessant: Zwei Termine nach der Arbeit und dann noch der Sport, den ich auch
gern machen würde.
Der Plan ist, die Arbeitszeiten dementsprechend zu legen.
Ich würde gerne viel weniger Schoko essen, habe
aber die Ahnung, dass das mit dem weniger Schlaf etc. zusammenhängt. Ich bin
weit entfernt von dick, aber der viele Zucker kann nicht gesund sein. Mal
sehen, ob sich das Vorhaben umsetzen lässt, oft wenn ich mir vornehme, weniger
Schokolade zu essen, dann wird’s erst recht mehr.