Freitag, 15. Mai 2015

Tag 683 - Kontrollen

Nach einer unruhigen Nacht, das Tracking Armband hat meinen Schlaf ausgewertet, sitze ich mittags übernachtig in meinem pinken Schalen Push up vor dem Arzt.
Die jährliche Kontrolle in der Strahlenklinik steht an.

Arzt: "Sind Sie noch in Krankenstand?" - Helga: "Ich habe immer gearbeitet."
A: "Mit einem Behindertenausweis haben Sie Anspruch auf ein weitere Woche Urlaub." - H: "Ich hab mir den Ausweis nur für die Steuer geholt, für die Arbeit würde ich ihn als Fessel empfinden."
Ich bin so cool, ich hab ja immer alles auf die Reihe gekriegt. Ach, scheiß drauf.
Nach dem Termin atme ich stoßartig aus, immer wieder.

Am Eingang des Krankenhausareals steht er, der Mann. Herr Hase ist da, egal, wie das Ergebnis aussieht. Er, der sich immer und immer wieder für mich entscheidet. Wie sehr mir die Tränen kommen ob dieser Treue.

Zufällig kommt genau heute das Buch von Jessica Wagener. Narbenherz.
Den ganzen Nachmittag gelesen, in einem Zug.
Auch ihr ist in jungen Jahren der Krebs widerfahren, aber nicht nur der Krebs, sondern auch Komplikationen, Infektionen, Fieber, OPs, Schmerzen. 
Ich mag ihre Sprache, sie schreibt nicht so hipstermässig wie viele heute. Die Metaphern passen.

Auch mein Herz ist wie die Brust darüber vernarbt. Nur war ich nie allein, auch wenn ich es mir manchmal gewünscht habe.
Inzwischen habe aufgehört mich nach dem "Warum" zu fragen. Weil es eben keinen Grund gibt.
Man kann, man muss nicht alles kontrollieren.

Die Kater sitzen in trauter Zweisamkeit am Fenster und starren die vorbeiziehenden Menschen und Hunde grimmig an, sie erinnern mich an Statler und Waldorf.
Der Himmel über Wien ist rosa.

7 Kommentare:

  1. Liebe Helga,
    auch bei einem grauen Himmel gibt es immer wider diese kleinen Löcher, wo die Sonne durchblitzt!
    Nun, mein Sonnenblitz trifft genau den pinken Schalen-BH, aber nicht, um sich daran zu befriedigen, sondern um ihn zu beleuchten. Voller Freude, ohne jeden Sex.
    Ganz liebe Grüße - wäre ich jetzt in Wien, wir sässen im Graben...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Stimmt...
      Oh, wie peinlich, aber trotzdem unvergessene Nächte dort.
      Und das Graubrot mit Mark-Knochen-Scheiben geröstet und dazu der eiskalte Wodka. Köstlich, einfach nur köstlich!!!

      Löschen
  2. So. Und wie soll ICH da atmen?!
    Und den Herrn Hase, ja? Den mochte ich ja vorher schon. Ohne ihn zu kennen.
    Der rosa Himmel ist sicher 'ne optische Täuschung. Der pinke Bh. Du verstehst.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Wenn ich angemessener gekleidet gewesen wäre, dann hätte der Himmel auch eine normale Farbe gehabt? :D

      Löschen