Dienstag, 21. Oktober 2014

Tag 477 - Alltägliches

Der Krebs ist seit dem Urlaub nicht mehr so präsent, der räumliche Abstand scheint mir gut getan zu haben.
Er geht mir nicht mehr so nahe.
Nicht falsch verstehen, DER Krebs an sich geht mir nach wie vor nahe, nur der eigene hat sich mehr entfernt von mir.

Die Tage sind auf eine Art geprägt vom Tod. Vor einiger Zeit schrieb ich einer Mitpatientin, die ich bei der Herceptin-Therapie kennengelernt habe, eine WhatsApp-Nachricht. Zurückkam, dass ihr herrlich verrückter Kater einfach umgekippt und tot ist.
Wer hier schon länger liest, weiß, dass ich Katzen liebe, liebe, liebe. Sie sind Freunde und Kinder für mich.
Dann kam die Todesnachricht von Conny.
Ich weiß nicht, warum ich immer so gottverdammt naiv bin, ich hab immer wieder auf ihren Blog geschaut, aber mir keine große Sorgen gemacht, dass keine neuen Posts kamen, ich dachte, sie wäre mit der Therapie beschäftigt.
War wohl Realitätsverweigerung erste Güte und das auch nicht zum ersten Mal.

Ansonsten hat mich der Alltag wieder fest in der Hand.
Vorige Woche hatte ich mit Kollegen aus dem gesamten Unternehmen eine Schulung. Das Thema war sehr interessant, vertiefen werde ich das Ganze aber nicht. Es war gut zu sehen, was die anderen machen, da sind wirklich fähige Leute dabei.
Trotzdem ist mir wieder einmal schmerzlich bewusst geworden, wie anders ich bin.
Nicht nur wegen des Krebs, sondern auch vom Wesen, von der Art unterscheide ich mich.
Ob die sich auch inmitten der Kollegenschaft einsam gefühlt haben? Man erzählt von seinem Aufgabengebiet und seinen Projekten, man wohnt in derselben Stadt, arbeitet beim selben Konzern und lebt trotzdem in (s)einer ganz eigenen Welt.
Wobei ich oft den Eindruck habe, dass man als IT-Mitarbeiter per se für einen Freak gehalten wird.
Wie auch immer, die vergangene Woche war lehrreich, wenn auch anstrengend. Ich hatte wenig Zeit über Krebs nachzudenken.

Da Herr Hase in der Arbeit gerade nix zu lachen hat, ich wiederum keinen Kopf habe um mir das Ganze anzuhören, sind wir uns in den letzten Tagen irgendwie fremd geworden.
Wer die "Freuden" einer langen Partnerschaft kennt, weiß, dass es solche Phasen nun mal gibt.
Fakt ist, dass ich mich momentan daheim nicht sonderlich wohl fühle. Es wird auch wieder besser werden.

Um beschäftigt zu sein und um meine internen Meilensteine abzuarbeiten, habe ich den 7. Abnehmen-Versuch gestartet und bin diesmal auch tatsächlich erfolgreich. Ziel ist es, bis Ende des Jahres mein altes Gewicht zu erreichen. Wir werden sehen.
Samstags ging's dann zur Augenlaser-Beratung. Im Grunde haben sie mir nichts neues erzählt, ich kenne die Operationsmöglichkeiten, die Risiken etc.
In zwei Wochen wird eine ausführliche Augenuntersuchung durchgeführt und entschieden, ob operiert werden kann (es gibt einige Ausschlusskriterien).
Wenn's wahr ist, kann ich also in einem knappen Monat ohne Sehhilfen sehen.
Noch will ich es mir noch gar nicht vorstellen, weil ich die Untersuchung abwarten will, aber die Möglichkeit, diese deppaten 5-7 Dioptrien loszuwerden,
in der Früh aufzustehen und scharf zu sehen, keine verschmierte, rutschende Brille zu brauchen, sich nicht mehr mit den Linsen zu quälen und bei Sonnenschein nicht das Gefühl zu haben, jeden Moment in Flammen aufzugehen (Blauäugige wissen, was ich meine), diese Möglichkeit macht mich
nahezu euphorisch.
Es fällt mir schwer, den Ball flach zu halten, damit die Enttäuschung bei Nichtdurchführung der OP nicht so groß ist.

Man merkt, ich bin beschäftigt, auch in der Arbeit gibt es momentan interessante Projekte.
Alltägliches.
Der Ausnahmezustand ist beendet.
Auch wenn nicht alles nur toll ist - es ist gut so.

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