Donnerstag, 10. Juli 2014

Tag 374 - Anders

Wenn ich mir Fotos von früher ansehe, erkenne ich mich nicht mehr.
Ich weiß, dass ich die Frau mit der wechselnden Haarlänge und Farbe bin, aber ich kann keinen Bezug mehr zu meinem früheren Ich herstellen. 

Mein jetziges Spiegelbild überrascht mich hingegen nicht, ich bin nicht größer, nicht kleiner geworden, höchstens etwas fülliger, aber das fällt nicht wirklich auf.
Der Unterschied zu früher ist die Frisur und die jetzt wesentlich häufiger getragene Brille.
Es dauert noch eine Zeit, bis die Herceptin-Nebenwirkungen verschwinden und meine Augen nicht mehr staubtrocken sind.

Der Lieblingskollege meinte vor Monaten die 5mm-Frisur würde mir besser stehen als die halblangen Haare, die ich am Foto meines Mitarbeiterausweises trage. Wie ich mein Haar in Zukunft tragen werde, weiß ich noch nicht - ich hab seit Wochen eine Blondierung zu Hause, mal sehen, vielleicht werd ich ja noch platinblond.

Meine Kleidung ist nicht mehr ausschließlich schwarz, mittlerweile kommen auch andere Farben dazu.
Fotos von mir mit Anfang 20 in schwarzer Kluft und schwarzem Haar tun mir fast weh, es ist mir zu düster geworden.

Auch mein Musikgeschmack hat sich verändert, speziell ist er wohl noch immer, aber jetzt ist er irgendwie kraftvoller. Schreien die Herren los und wummern die Gitarren, gibt mir das Antrieb.

Mein Wesen: Noch immer bin ich sehr direkt für Wiener Verhältnisse, für manche abschreckend mit meiner Waldviertler Kühle, aber insgesamt fröhlicher, lebensbejahender, offener.
Ich gehe leichter, schneller auf Menschen zu.

Ich frage mich oft, was der Krebs an meinem Leben verändert hat. Meine Lebensumstände haben sich nicht sehr geändert, ich hab nicht den Job, die Wohnung, den Partner gewechselt.
Aber ich bin anders. Und kann es nicht schlecht finden.


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